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Interview: 02.2025 MARKUS COLLE IM BAU- UND IMMOBILIENREPORT

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Markus Colle, Geschäftsführer des Haustechnik-Spezialisten Styr Group, über ehrgeizige Pläne und abgelegte Lasten der Vergangenheit. Außerdem erklärt er, warum ihm partnerschaftliches Bauen wichtig ist.

Sie haben im letzten Jahr die Geschäftsführung der Styr Group übernommen. In einer Phase, in der es der Bauwirtschaft allgemein und dem Wohnbau im Speziellen alles andere als gut ging. Es gibt vermutlich bessere Zeitpunkte für einen Neustart?
Markus Colle: Eigentlich war es ein guter Zeitpunkt, weil wir das Unternehmen konzeptionell neu aufstellen. Es ist heute deutlich einfacher, gute Mitarbeiter zu finden, als das vor zwei Jahren der Fall gewesen wäre. Wir planen auch weitere Übernahmen. Jetzt ist das Umfeld ideal, sich dementsprechend vorzubereiten und alles aufzubauen.

Wie sieht das Beuteschema für die Übernahmen aus?
Colle: Wir wollen die gesamte Wertschöpfungskette eines Projekts abdecken, mit einer hohen Fertigungstiefe und dem Ziel einer partnerschaftlichen Projektabwicklung. Wir wollen im Bereich der Haustechnik alles aus einer Hand liefern, von der Planung und Abwicklung aller Gewerke bis zu Wartung und Betreuung. Dafür suchen wir Unternehmen in der Größenordnung von 20 bis 100 Millionen Euro Umsatz.

An welche Unternehmen denken Sie?
Colle: Konkrete Namen kann ich natürlich nicht nennen. Aber wir screenen den Markt und sind aktuell mit Unternehmen aus der Mess, Steuerungs- und Regelungstechnik im Gespräch, ebenso mit ausführenden Unternehmen im Schaltschrankbau, und schauen uns auch Rohrleitungsbauunternehmen und Installationsunternehmen vertieft an.

Erleichtert der Einstieg eines Investors wie dem Mitbegründer der Krypto-Börse Bitpanda, Christian Trummer, diese Pläne?
Colle: Auf der Ebene der Unternehmensübernahmen kaum. Aber natürlich macht sein Einstieg die Styr Group generell attraktiver, gerade im Bereich Employer Branding ist das nicht zu unterschätzen. Wenn so jemand einsteigt und an das Unternehmen glaubt, dann gibt das schon einen enormen Schub.

Strahlt das auch auf die Kunden aus?
Colle: Das glaube ich nicht. Den Kunden sind andere Dinge wichtig als die Eigentumsverhältnisse. Da ist es viel wichtiger, dass wir dem Kunden richtig zuhören und erkennen, wo seine Prioritäten liegen. Bei den einen ist das die Qualität, den anderen geht es um die Baugeschwindigkeit und nicht wenigen nach wie vor vor allem um den Preis.

Die Styr Group entstand aus der insolventen HMI-Gruppe. Wie schwer lastet der Rucksack der Vergangenheit auf der Styr Group?
Colle: Ich denke, den haben wir mittlerweile erfolgreich abgearbeitet. Wir haben das Unternehmen neu aufgestellt, auch personell, und heute ein Team, das ordentlich Gas gibt. Diesen Neustart konnten wir auch den Kunden glaubhaft kommunizieren.

Was genau kommunizieren Sie den Kunden? Was kann die Styr Group besser als der Mitbewerb?
Colle: Wir sind ein mittelständisches Unternehmen, das gemeinsam mit Partnern sehr erfolgreich in der Liga der Großen mitspielen kann. Wir bringen alle Fähigkeiten mit, um große Projekte abzuwickeln, haben aber die Dynamik eines KMU.

Wie wichtig ist die Idee, alles aus einer Hand anbieten zu können? Fordern die Kunden dieses One-Stop-Shop-Prinzip oder überwiegt die Sorge, sich einem Partner auszuliefern?
Colle: Wahrscheinlich trifft beides zu. Das ist sehr stark vom Kunden abhängig. Kunden, die eine Immobilie selber nutzen, setzen sehr stark auf Partnerschaft und eine gemeinsame Abwicklung. Wenn Gebäude zur Verwertung entwickelt werden, wird oft sehr kleinteilig gearbeitet und es geht fast ausschließlich um den Preis.

Welche inhaltlichen Schwerpunkte wollen Sie setzen? Woran soll und wird man Ihre Handschrift erkennen?
Colle: Was mir sehr wichtig ist, ist Verbindlichkeit und eine extreme Kundenorientierung. Ich höre so lange zu, bis ich verstanden habe, was genau der Kunde will, und dann setzen wir es um.

Sie haben in unserem Gespräch schon öfter von partnerschaftlichem Bauen gesprochen. Ist das auch etwas, das Sie aus Kundengesprächen mitgenommen haben?
Colle: Gerade bei Projekten zur Eigennutzung ist Partnerschaft ein ganz großes Thema, ebenso bei großen Projekten mit einigen Unwägbarkeiten. Auch bei Unternehmen, die nicht nur auf den Preis, sondern vielmehr auf Qualität achten, ist partnerschaftliche Abwicklung ganz wichtig.

Wirkt sich das bei Ihnen auch auf die Vertragsmodelle aus? Sind etwa Allianzverträge ein Thema?
Colle: Allianzverträge sind eine Annäherung an partnerschaftliches Bauen. Denn partnerschaftliches Bauen hat ganz viel mit Vertrauen zu tun. Mein persönlich kürzester Vertrag bei einem Partnerschaftsmodell war keine zwei A4-Seiten lang. Da wurde lediglich beschrieben, was wir bauen, wie der Vertragsrahmen aussieht und das Ziel definiert. Je größer ein Projekt und je mehr Stakeholder involviert sind, umso wichtiger wird der Vertrag. Da sind Allianzverträge natürlich eine gute Variante. Vor allem auch für den öffentlichen Bereich, wo alles sehr transparent abgewickelt werden muss. Da kann man sich nicht nur auf das Vertrauen verlassen.

Wenn es um Vertrauen geht, spielt die Unternehmenskultur eine große Rolle. Wie schwierig ist es, bei Partnern im Vorfeld zu erkennen, welche Kultur im Unternehmen herrscht?
Colle: Meine Erfahrungen mit diesen kurzen Verträgen waren ausnahmslos positiv. Um auf Basis von Vertrauen erfolgreich zu arbeiten, braucht es aber einen selbstbewussten Bauherrn mit ausreichend Know-how.

Woran erkennt man aus Ihrer praktischen Erfahrung eine Baustelle, die partnerschaftlich abgewickelt wird?
Colle: Daran, dass das Projekt im Mittelpunkt steht. Das Projekt ist das Baby aller Beteiligten. Es gibt kein Gegeneinander, alle haben dasselbe Ziel.

Bei einem Partnerschaftsmodell sind alle Mitarbeiter zuallererst dem Projekt verpflichtet, aber natürlich ist auch jeder Einzelne seinem Unternehmen verpflichtet. Ergibt sich daraus nicht ein Spannungsfeld?
Colle: Zum Wohle des Projekts bedeutet nicht, auf berechtigte Forderungen zu verzichten. Aber wenn man partnerschaftlich baut, sind die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten von Beginn weg klar. Da gibt es wenig Raum für Interpretationen.

Wo steht Österreich im europäischen Vergleich in Sachen Partnerschaftsmodelle?
Colle: Aktuell hinken wir noch etwas hinterher. Da sind die skandinavischen Länder deutlich weiter. Daran kann und sollte sich Österreich schon orientieren. Auch zum Wohle der Mitarbeiter, die bei Partnerschaftsmodellen deutlich motivierter und zufriedener sind. Dazu kommt, dass diese Projekte in der Regel erfolgreicher sind, weniger kosten und schneller fertig sind. Es gibt wirklich nicht viele Gründe, nicht partnerschaftlich zu arbeiten.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Welche konkreten Ziele oder Meilensteine sollten Ende 2025 erreicht sein, damit Sie von erfolgreichen ersten 15 Monaten sprechen?
Colle: Ziel wäre die Integration von zumindest drei Unternehmen und weiterhin großes organisches Wachstum. Außerdem wollen wir in der Lage sein, bei mittelgroßen bis großen Projekten gemeinsam mit Partnern anbieten zu können und am Markt anerkannt zu sein.